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Wie schmeckt der Frühling?


Hayk

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Wie es duftet und blüht,
wie platzende Knospen krabbelnde Käfer erschrecken,
wie bald die erste Tulpe taubetropft erglüht
und wir die blauen Veilchen entdecken -
das haben schon tausend Gedichte beschrieben.
Doch wie mag der Frühling wohl schmecken?
Das Rätsel zu lösen ist bisher unterblieben.

 

Karminrote Blütenbüschel des Rotdorns leuchten aus dem Blattgrün, sind uns Kindern aber weniger Augenschmaus als Gaumenfreude. Aufgepasst! Die Dornen sind spitz, aber die Blüten verführen zum Naschen; selbst der gewöhnungs-bedürftige Geruch hielt uns nicht davon ab, die Büschel abzuknabbern. Sollen nur Götter Ambrosia naschen?

 

Im Schatten sah ich ein Blümchen stehn,
und ich vermute fast, es war ein Veilchen,
und fand, das Blümchen duftet wunderschön;
nach einem kleinen Weilchen
pflückte ich das Blauäuglein,
naschte seine Blütenblätter -
o ja, der Frühling schmeckte fein,
habt Dank, ihr guten Frühlingsgötter!

 

Na klar, ein Kinderfäustchen voller strahlendblauer Veilchen, eingehüllt in sattgrüne Blätter, brachte das Herz der Mutter verlässlich zum Schmelzen, sei es wegen des berauschenden Duftes, sei es wegen der wunderbaren Farbe. Für das mühsame Sammeln entschädigten wir uns mit wohligen Schmatzgeräuschen, auch wenn Mama die Hände über dem Kopf zusammen schlug.

 

Was lächelt in strahlendem Weiß auf der Wiese,
bescheiden und wahrhaft kein Riese?
Tausendschön, Gänseblümchen und Maßliebchen
nennt man dich, und alle Mädchen und die Bübchen
haben dich zum Fressen gern,
beißen dir dein Köpfchen ab, verlieren
alle Achtung vor dem Wiesenstern,
Mama will Salat mit dir garnieren.

 

Sie sind die Tapfersten unter den kleinen Wiesenblümchen. Dem Kindesalter entwachsen, durfte ich mit meines Vaters Rasenmäher die Wiese in Facon bringen. Gnadenlos wurden zahllose Gänseblümchen geköpft und - nach einer halben Stunde, mir schien, sie hätten sich abgeduckt, als die rotierende Walze auf sie zukam - standen die Überlebenden samt Nachkommenschaft wieder da wie aufrechte Verteidiger des Lebens.

 

Zum Muttertag gabs immer wieder
lila oder weißen, in jedem Fall geklauten Flieder.
Die Beschenkte erfreut sich am Duft, an den Farben,
wir pflückten die Blüten, wollten nicht darben,
saugten an den Blütenstängeln
lutschten gleich geflügelten Engeln
die Süße der Blüten, den köstlichen Nektar -
so schmeckt der Frühling in jedem Jahr.

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