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...und doch bin ich da !


Managarm

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Du sitzt auf dem Sofa

und blätterst in Alben

und kannst dich auch manchmal 

vor Lachen kaum halten

 

...und dann plötzlich weinst du

das nächste Bild quält

dein Herz mit Vergang'nem  

von dem es erzählt

 

...von dir und von mir

und von glücklichen Tagen

Wir glaubten, wir könnten

Verlust nicht ertragen

 

...doch du bist so tapfer

Wie schön du noch bist !

Du redest mit mir

als seist du gewiß

 

...ich wäre noch bei Dir

Ich streich' dir durch's Haar

Du kannst mich nicht sehen

und doch bin ich da

 

Irgendwann sind wir

wieder vereint

Dann weißt du, auch ich hab'

im Jenseits geweint

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Lieber Matze,

 

die Idee, die Szene aus Sicht der Seele des verstorbenen Partners zu beschreiben, ist klasse. Den Verlust eines geliebten Menschen zu begreifen, ist eine kaum tragbare Bürde und so neigt man dazu, ihn nicht einfach als "gegangen" anzusehen, sondern ihn noch immer in der Nähe zu spüren. Gerade in den ganz einsamen Momenten - da ist der Unterschied zwischen "allein" und "zu zweit" am größten und man stellt sich vor, wie der Andere noch immer da ist, mit einem auf dem Sofa sitzt und sich Fotoalben anschaut.

 

Dein Gedicht nimmt diese Prämisse und verfolgt sie mit größerer Ernsthaftigkeit, indem es dem zur Seite Gedachten Gedanken und Gefühle zugesteht, ihn zu einer realen Person macht, aus dessen Perspektive die Trauer des LD erlebt werden kann. Dann drängt sich mir die Frage auf: Was wäre, wenn der Verstorbene nicht nur als Hirngespinst, sondern wirklich als Seele da wäre? Könnte man diese beiden Zustände unterscheiden? Das LI ist sich bewusst, dass das LD es nicht sehen kann und dass wohl auch die Worte des Trostes kein Gehör finden und die Wünsche, das LD auch mit Berührungen zu trösten.

 

Wenn nun das LD sich das LI nur vorstellt, so sind all die Worte und Gedanken des LI auch erfunden und damit im Bewusstsein des LD vorhanden. Wenn das LI wirklich ist, so wird das nicht anders sein, denn auch dann werden dem LD solche Gedanken kommen, nur dass eben diese Gedanken mit der Wirklichkeit des verstorbenen Menschen korrespondieren. Letztendlich ist kein Unterschied zwischen der bloßen Vorstellung und der metaphysischen Präsenz auszumachen. Ein tröstender Gedanke, denn die aus Verzweiflung geborenen Illusionen von Nähe könnten genauso gut real sein und das wird hier insbesondere durch die Perspektive des Verblichenen erreicht. Herzergreifend!

 

Und philosophisch obendrein: Wissen ist ja nichts anderes als die Gewissheit, dass Dinge real sind. Ob sie jenseits des Bewusstseins real sind oder nicht, spielt keine Rolle für das, was ich weiß. So gesehen ist ein ganz fester Glaube auch Wissen. Wissen selbst bedingt Glauben sogar - damit meine ich freilich nicht notwendigerweise Gottglauben oder so. Aber das meiste, was wir wissen, beruht ja darauf, dass wir unseren Augen trauen. Und manchmal ist es gar nicht so verkehrt, seiner Intuition zu vertrauen.

 

Die zweihebigen Verse verstärken die Nähe aus meiner Sicht klanglich und dies geht einher mit einer einfachen, aber nicht plumpen Sprache, die Vertrautheit und Intimität ausdrückt. Die dreitaktischen Versfüße und die Tatsache, dass die Verse manchmal mit, manchmal ohne Auftakt beginnen, lassen das Gedicht, passend zum Thema, sehr lebendig und naturwüchsig erscheinen.

 

Über eine Stelle könnte man vielleicht noch drüber gehen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau:

 

vor 11 Stunden schrieb Matze:

und manchmal kannst du dich

Damit ich es metrisch passend lesen kann, muss ich das "du" betonen. Das geht schon irgendwie mit ein wenig Gewalt, widerstrebt aber so ein bisschen der Intuition. Da könnte man überlegen, ob man den Vers irgendwie umbauen sollte, z.B. so:

 

"und kannst dich auch manchmal"

 

Nur ein Vorschlag. Aber da gäbe es bestimmt auch andere Möglichkeiten.

 

Jedenfalls ein sehr schönes Gedicht, das ich gerne gelesen habe.mile:

 

LG

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vor 2 Stunden schrieb Schmuddelkind:

Lieber Matze,

 

die Idee, die Szene aus Sicht der Seele des verstorbenen Partners zu beschreiben, ist klasse. Den Verlust eines geliebten Menschen zu begreifen, ist eine kaum tragbare Bürde und so neigt man dazu, ihn nicht einfach als "gegangen" anzusehen, sondern ihn noch immer in der Nähe zu spüren. Gerade in den ganz einsamen Momenten - da ist der Unterschied zwischen "allein" und "zu zweit" am größten und man stellt sich vor, wie der Andere noch immer da ist, mit einem auf dem Sofa sitzt und sich Fotoalben anschaut.

 

Dein Gedicht nimmt diese Prämisse und verfolgt sie mit größerer Ernsthaftigkeit, indem es dem zur Seite Gedachten Gedanken und Gefühle zugesteht, ihn zu einer realen Person macht, aus dessen Perspektive die Trauer des LD erlebt werden kann. Dann drängt sich mir die Frage auf: Was wäre, wenn der Verstorbene nicht nur als Hirngespinst, sondern wirklich als Seele da wäre? Könnte man diese beiden Zustände unterscheiden? Das LI ist sich bewusst, dass das LD es nicht sehen kann und dass wohl auch die Worte des Trostes kein Gehör finden und die Wünsche, das LD auch mit Berührungen zu trösten.

 

Wenn nun das LD sich das LI nur vorstellt, so sind all die Worte und Gedanken des LI auch erfunden und damit im Bewusstsein des LD vorhanden. Wenn das LI wirklich ist, so wird das nicht anders sein, denn auch dann werden dem LD solche Gedanken kommen, nur dass eben diese Gedanken mit der Wirklichkeit des verstorbenen Menschen korrespondieren. Letztendlich ist kein Unterschied zwischen der bloßen Vorstellung und der metaphysischen Präsenz auszumachen. Ein tröstender Gedanke, denn die aus Verzweiflung geborenen Illusionen von Nähe könnten genauso gut real sein und das wird hier insbesondere durch die Perspektive des Verblichenen erreicht. Herzergreifend!

 

Und philosophisch obendrein: Wissen ist ja nichts anderes als die Gewissheit, dass Dinge real sind. Ob sie jenseits des Bewusstseins real sind oder nicht, spielt keine Rolle für das, was ich weiß. So gesehen ist ein ganz fester Glaube auch Wissen. Wissen selbst bedingt Glauben sogar - damit meine ich freilich nicht notwendigerweise Gottglauben oder so. Aber das meiste, was wir wissen, beruht ja darauf, dass wir unseren Augen trauen. Und manchmal ist es gar nicht so verkehrt, seiner Intuition zu vertrauen.

 

Die zweihebigen Verse verstärken die Nähe aus meiner Sicht klanglich und dies geht einher mit einer einfachen, aber nicht plumpen Sprache, die Vertrautheit und Intimität ausdrückt. Die dreitaktischen Versfüße und die Tatsache, dass die Verse manchmal mit, manchmal ohne Auftakt beginnen, lassen das Gedicht, passend zum Thema, sehr lebendig und naturwüchsig erscheinen.

 

Über eine Stelle könnte man vielleicht noch drüber gehen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau:

 

Damit ich es metrisch passend lesen kann, muss ich das "du" betonen. Das geht schon irgendwie mit ein wenig Gewalt, widerstrebt aber so ein bisschen der Intuition. Da könnte man überlegen, ob man den Vers irgendwie umbauen sollte, z.B. so:

 

"und kannst dich auch manchmal"

 

Nur ein Vorschlag. Aber da gäbe es bestimmt auch andere Möglichkeiten.

 

Jedenfalls ein sehr schönes Gedicht, das ich gerne gelesen habe.mile:

 

LG

Wow...vielen Dank, Schmuddelkind.

Das freut mich. Was für eine Rezension für ein so kleines Gedicht.

Hab's schon geändert. Ich hätte da noch eine Frage :

Wofür steht LI und LD ?

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vor 6 Stunden schrieb MythonPonty:

Siehst du die gepunktete Unterstreichung bei den beiden Begriffen ? 

Wenn du hier mit der Maus drüber fährst, dann poppt ein kleines Info Fenster auf, mit der Erklärung

 

 

Ich habe nur mein Handy...damit geht das scheinbar nicht.

Vielen Dank, MythonPonty

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