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Sixtinische Madonna

 

Das enorme Strahlen von dem Haupt,

im Schwung der Brauen und des Schleiers,

das uns als Himmelsklang den Atem raubt,

schallt wie der Ruf eines Befreiers.

 

In den Linien jenes engelsgleichen Mundes,

steht die Liebe tausender von Jahren.

O sieh, in ihren Augen tiefen Grundes,

möcht sie Gottes Angesicht bewahren.

 

Sie schaut dich an, und sie berühret leise

deine Seele, die ganz verwirrt bekennt -

auf eine still, geheimnisvolle Weise,

daß dich kein Rand vom Schöpfer trennt.

 

***

 

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Eine schöne, poetische Interpretation eines wahren Meisterwerks ist dir hier gelungen, lieber Holger. Es ist definitiv eines der besseren Gedichte, die ich in diesem Forum lesen durfte.

 

Interessant finde ich, wie das lyrische Ich das "enorme Strahlen" ihres Hauptes als Himmelsklang wahrnimmt. Eine synästhetische Erfahrung?

Etwas hadern tue ich mit "O sieh, in ihren Augen tiefen Grundes,/ möcht sie Gottes Angesicht bewahren." Ich sehe in ihren Augen vor allem Angst und Sorge. Unbefangen wirkt ihr Blick auf mich jedenfalls nicht. Doch so ist es eben mit ästhetischen Erfahrungen: Sie unterscheiden sich je nachdem, mit welchen Augen man ein Werk betrachtet. 🙂

 

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Für Deine Gedanken und Einschätzungen bedanke ich mich recht herzlich, lieber Patrick.

 

Um der Sache gerecht zu werden, muß ich ein wenig ausholen:

 

Nachdem ich direkt nach dem Betrachten von Caspar David Friedrichs "Der Wanderer über dem Wolkenmeer" (eine Leihgabe des wunderbaren Bildnisses, das auch das Cover eines meiner Bücher ziert) in die Halle Gemäldegalerie "Alter Meister" der staatlichen Kunstsammlung in Dresden schritt, erblickte ich dieses mächtige Gemälde von Raffael - die "Sixtinische Madonna" - und war sogleich wie in einem Bann gefangen; später las ich in der hervorragenden Biografie von Peter Michalzik über Heinrich von Kleist, daß der große Dramatiker wohl hunderte male vor diesem grandiosen Gemälde gestanden habe, was ich gut verstehen kann. Vielleicht ging´s ihm wie später Rainer Maria Rilke, der jenen Bann vor dem "Torso des Apollos" im Louvre empfunden hatte; sodann schrieb Rilke sein berühmtes Gedicht ""Archaischer Torso Apollos".

 

Ich notierte dann, vor dem Gemälde stehend, einige Verse zum vorliegenden Gedicht.

 

"Eine synästhetische Erfahrung?" Ganz recht, Patrick, das hast Du wunderbar erkannt: Mir widerfuhr einst eine mystische Erfahrung, im Banne der Betrachtung der Madonna formierte sich ein Hauch davon im Geiste und ich habe versucht, das in die Verse zu legen: "Sie schaut dich an, und sie berühret leise deine Seele, die ganz verwirrt bekennt -"

Nun, Unbefangenheit in den Augen der Madonna trifft es natürlich nicht, aber - wie Du schreibst - Furcht in einem gewissem Sinne; der Versuch einer Erklärung: "O sieh, in ihren Augen tiefen Grundes, möcht sie Gottes Angesicht bewahren." Der in imaginäre Fernen gerichtete Blick der Madonna findet für mich persönlich - in tief seelischen Betrachtungen - direkt zurück zur Schöpfernatur, von welcher die Heilige geradezu überwältigt scheint: vor solch großer Macht prägt sich in Nuancen eine Verehrung in den Blick, der gleichzeitig eine "furchtsame Ergriffenheit" darstellt.

 

Ich hoffe, Dir ein wenig (wenn auch nur in begrenztem Maße) die Sinnhaftigkeit des Gedichtes dargelegt zu haben, lieber Patrick,

 

Holger

 

Hier ist noch ein Artikel zum Gemälde, der dem Werk nach meinem Empfinden nur unzureichend gerecht wird, aber immerhin

einen Teilausschnitt des Gemäldes zeigt :


https://www.welt.de/kultur/history/article106386145/Raffaels-Meisterstueck-fuer-den-kunstverrueckten-Papst.html

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